Ein Überblick zum Übernachten in der freien Natur
Der Gedanke unter freiem Sternenhimmel in der Natur zu übernachten ist durchaus verlockend. Jeder, der schon mal in Skandinavien (ausgenommen Dänemark) Urlaub gemacht hat, kennt vielleicht das “Jedermannsrecht”. Dieses Recht ermöglicht es jeder Person öffentlichen Grund zu betreten und zu nutzen. In diesem Sinne bedeutet dies auch, dass das Übernachten mit dem Zelt hier erlaubt ist. Aber dazu später mehr. Doch wie sieht die Rechtslage zum Wildcampen in Deutschland aus? In diesem Blogbeitrag wollen wir euch einen kleinen Überblick über die derzeitige Rechtslage (Stand 05.07.2020) geben und Möglichkeiten aufzeigen, wie eine Übernachtung im Freien möglich ist.
Mit der Aussage “Alles Definitionssache” meint man meist so etwas wie: “Das kann man so oder so sehen.” Das ist jedoch bei Gesetzen nicht ganz richtig. Wenn es eine gesetzliche Definition gibt, so ist diese auch bindend. Also beginnen wir einmal mit den positiven Nachrichten. Wer in der Natur übernachten will, sollte sich zuerst die Frage stellen, ob ich diesen Ort überhaupt betreten darf.
“Das Betreten der freien Landschaft auf Straßen und Wegen sowie auf ungenutzten Grundflächen zum Zweck der Erholung ist allen gestattet (allgemeiner Grundsatz).” – Bundesnaturschutzgesetz § 59
Und auch im Bundeswaldgesetz ist so ein allgemeiner Grundsatz bezüglich des Betretens zur Erholung gegeben:
“Das Betreten des Waldes zum Zwecke der Erholung ist gestattet. Das Radfahren, das Fahren mit Krankenfahrstühlen und das Reiten im Walde ist nur auf Straßen und Wegen gestattet.” – BWaldG § 14
Weitere Regelungen zum Betreten des Waldes und etwaige Einschränkungen hinsichtlich einer Übernachtung im Wald oder auf ungenutzten Wiesenflächen werden dann in den jeweiligen Landeswald- bzw. Landesforstgesetzen sowie den Landesnaturschutzgesetzen getroffen.
Bevor wir uns die Landesgesetze genauer anschauen, wollen wir einmal noch definieren, was mit “ungenutzten Grundflächen” gemeint ist:
Dieser juristische Begriff schließt sogar teilweise ungenutzte Flächen ein. Zu verstehen sind darunter also Felder, Heide- und Moorlandschaften, Ödland und Felsflächen. Aber eben auch landwirtschaftliche Nutzflächen, die vorübergehend nicht genutzt werden (wie zum Beispiel ein Getreidefeld nach der Ernte).
Eingeschränkt wird dieses Betretungsrecht von Feldern jedoch vom Eigentumsrecht in Kombination mit dem § 123 StGB, welches aussagt, dass ein deutlich nach außen abgegrenzter Bereich (z.B. durch Zäune oder Pfosten mit dem Hinweisschild “Privatgrundstück”) als Privatgrund gekennzeichnet ist, auf welchem das Betreten erst durch den Eigentümer erlaubt werden muss. Andernfalls steht hier der Tatbestand des Hausfriedensbruchs im Raum.
In Deutschland gilt der sogenannte Verbotsvorbehalt. Soll heißen: Solange etwas nicht verboten bzw. geboten ist, so ist es auch erlaubt. Denn wenn es keine Rechtsgrundlage gibt, dann gibt es auch keine Möglichkeit zur Verurteilung. Dort wo wir den Wald bzw. ungenutzte Grundflächen betreten dürfen, können wir fast immer auch übernachten. Wo man nicht übernachten darf und wie man übernachten darf, das wollen wir im folgenden Abschnitt klären.
Dieses “fast” wollen wir an dieser Stelle einmal einschränken. Denn an folgenden Orten darf man nicht übernachten, auch wenn eine prinzipielle Betretungserlaubnis besteht:
Damit eine Übernachtung in der Natur bzw. im Wald keine Strafe nach sich zieht, kommt es vor allem darauf an, wie und wo man nächtigt.
So ist das Übernachten mit Zelt im Wald überall in Deutschland verboten. In der freien Landschaft sieht das etwas anders aus. Hier sollte man sich immer die Erlaubnis des Eigentümers beschaffen. Dass dieser in Deutschland nicht immer leicht zu ermitteln ist, ist ein ganz anderes Thema. Auch eine länderspezifische Einschränkung zur Übernachtung mit Zelt in der freien Landschaft gibt es.
Übernachten im Wald und in der freien Landschaft kann jedoch auch einfacher möglich sein; und zwar dann, wenn man auf das Zelt verzichtet. Biwakieren, also das nächtigen für eine Nacht ohne eine bauliche Abgrenzung (hierzu zählen beispielsweise die vier Zeltwände), befindet sich in einer rechtlichen Grauzone. Hier gilt wieder der Verbotsvorbehalt und biwakieren ist erstmal nicht verboten und wird bzw. muss gegebenenfalls geduldet werden.
Unter einer klassischen Biwak-Übernachtung kannst du also die Übernachtung nur mit Schlafsack und einem Wetterschutz zählen. Als Wetterschutz dient hier in der Regel das sogenannte Tarp oder ein selbstgebauter Shelter aus Naturmaterialien. Wichtig ist hierbei darauf zu achten, dass nicht alle Seiten verschlossen sind, denn sonst kann hier wieder der Passus des “umbauten Raumes” greifen. Auch eine Übernachtung mit einer Hängematte kann als Biwak gesehen werden und ist nicht illegal.
Du möchtest lieber im Zelt übernachten? Auch das kann in Deutschland außerhalb der Schutzgebiete und des Waldes in manchen Bundesländern möglich sein.
In folgenden Bundesländern kannst du in der freien Landschaft übernachten:
Bayern, Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen, Hamburg, Hessen, Berlin sowie Brandenburg*.
In den Bundesländern Niedersachsen, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen und im Saarland solltest du auf deine Übernachtung mit dem Zelt lieber verzichten. Hier ist dies in der freien Landschaft ausdrücklich verboten und kann ordentliche Bußgelder nach sich ziehen.
*In Brandenburg ist eine privatrechtliche Erlaubnis für die rechtmäßige Übernachtung mit Zelt erforderlich.
Viele Regionen in Deutschland haben mittlerweile Angebote für naturnahe Erholungs- und Übernachtungsmöglichkeiten geschaffen. Oft heißen sie Trekkingplätze und an anderen Orten wiederum Naturlagerplätze. Diese Plätze verfügen über eine Holzplattform, auf welcher die Zelte aufgestellt werden können, sowie eine Bank mit Tisch zum gemütlichen Zusammensitzen und Essen. In der Regel gibt es auch eine Naturtoilette. Deine Wunschplattform kannst du über eine Webseite vorab reservieren und zahlst einen Unkostenbeitrag von etwa 10 Euro je Zelt oder Plattform.
Die Trekking- bzw. Naturlagerplätze stellen wir dir in einem separaten Blogbeitrag gesondert vor. Hier findest du eine Liste der Buchungswebseiten.
Neben den meist kostenpflichtigen Trekkingplätzen gibt es auch die Möglichkeit, kostenlos zu übernachten, was durch die Plattform 1NITE TENT ermöglicht wird.
Hier stellen Privatpersonen ihre Flächen für eine Übernachtung (und evtl. auch ein paar mehr) zur Verfügung. Das ganze funktioniert nach dem Prinzip des Couchsurfings. Auf einer Karte sind alle bisherigen Plätze mit den notwendigen Informationen eingetragen.
Plant man an einem Ort zu übernachten, bitten fast alle Eigentümer darum, dass man sich vorab ankündigt. Die Anmeldung erfolgt via Telefon oder E-Mail. Hier klärt man alles weitere direkt mit dem Platzanbieter.
Vorteile von 1NITE TENT:
Nachteile von 1NITE TENT:
Auch wenn das Übernachten in der schönen Natur in Deutschland nicht immer und überall erlaubt ist, so ist es unter gegebenen Umständen doch möglich. Vielerorts ist der Naturtrend in den Tourismusvereinen und bei den Verantwortlichen der Städteverwaltungen angekommen und weitere Trekkingplätze bzw. Übernachtungsmöglichkeiten in der Natur sind nur eine Frage der Zeit. Darüber hinaus wird die junge Plattform 1NITE TENT stetig wachsen und weitere Plätze anbieten können. Damit all dies möglich wird, ist aber auch die Community der Outdoorsportler und Naturliebhaber gefragt. Wir sollten achtsam mit der Natur umgehen und keinen Müll hinterlassen. Vielleicht geht man sogar noch einen Schritt weiter und nimmt den Müll anderer Leute mit. Nur so kann der Wald und die freie Landschaft ein Erholungsort bleiben oder möchtest du auf einer Müllhalde übernachten?
Lesedauer: 10 Minuten
1NITE TENT sammelt Plätze auf einer Landkarte.
Hinter diesen stehen nette Menschen, die ihren Garten mit dir teilen.
Ganz nach dem Couchsurfing-Prinzip kannst du hier deinen Übernachtungsplatz finden und/ oder dein Grundstück Outdoorfans zur Verfügung stellen:
https://1nitetent.com/